Food Forests

Intro

Einführung in Food Forests

Food forests bieten eine Möglichkeit, Lebensmittel im Einklang mit der Natur anzubauen. Sie sind so angelegt, dass sie 3-7 Pflanzenschichten mit Bäumen, Sträuchern und Bodendeckern aus meist mehrjährigen, essbaren Pflanzen enthalten. Die Ernte ist so vielfältig wie die Pflanzen und umfasst oft Früchte, Nüsse, Blätter, Kräuter und Pilze. Neben der Bereitstellung von Nahrung bieten sie zahlreiche Umweltleistungen wie Lebensraum, Wärmeschutz, gesunde Böden, verbesserte Wasserkreisläufe und Kohlenstoffspeicherung. Außerdem können sie Orte der Erholung, Bildung und Gemeinschaftsbildung sein. Wenn sie entsprechend gestaltet und bewirtschaftet werden, können sie den Lebensunterhalt der Landwirte sichern. Mit diesen Eigenschaften adressieren Food Forests mehrere Probleme, die durch industrielle Lebensmittelsysteme verursacht werden (Unterernährung, wirtschaftliche Ungleichheit, Verlust der biologischen Vielfalt, Klimawandel, mangelnde Lebensmittelkompetenz usw.). Dennoch sind sie trotz ihrer offensichtlichen Vorteile in industriellen Kontexten kaum bekannt.

Schichten eines Lebensmittelwaldes im halbtrockenen Arizona mit Pflanzen- und Produktbeispielen sowie den vielfältigen Umweltleistungen, die er bietet

Food Forests vs. Waldgärten

Es gibt eine Vielfalt an "Food Forests". Die meisten bieten Bildung an und nur wenige schaffen es, professionell Lebensmittel zu produzieren. Um die Vielfalt der Systeme zu unterscheiden, haben wir eine Mindestgröße von 0,5 ha für einen "Food Forest" definiert, um eine Lebensmittelproduktion zu ermöglichen (Albrecht & Wiek 2021). Kleinere Anlagen gelten als "Forest Garden". Im Deutschen gibt es nur einen Begriff, den "Waldgarten", womit oft permakulturelle Bildungsorte gemeint sind. Im Sprachgerbrauch nutzen wir heute oft den Ausdruck "mehrschichtige Agrofrostsysteme". Auch wenn das sehr technisch klingt, drückt es eine höhere Professionalilität aus. In diesem Leitfaden haben wir einen Standort (Arcosanti) aufgenommen, der kleiner ist und eine professionelle Lebensmittelproduktion anstrebt, ihr jedoch nicht nahe kommt. Es zeigt die Relevanz von Kernerfolgsfaktoren wie unternehmerischen Mitarbeitenden im Food Forest.

Der Bedarf an Waldbauern

Neuere Food Forests in industriellen Lebensmittelsystemen sind oft als multifunktionale Hybride organisiert und Teil anderer nachhaltigkeitsorientierter Projekte. Da viele Food-Förster einen soziokulturellen Hintergrund haben, konzentrieren sie sich meist auf Bildung und Gemeinschaftsbildung. Für einen Wandel in unserem Lebensmittelsystem brauchen wir jedoch mehr dieser biodiversen Produktionssysteme. Nur wenige Standorte konzentrieren sich auf eine umfangreiche Lebensmittelproduktion, die über die Selbstversorgung hinausgeht. Von der Datenbank mit 200 Standorten, die ich während meiner Doktorarbeit [1] erstellt habe, fokussieren sich etwa 20 Food Forests (10 Prozent) auf eine professionelle Lebensmittelproduktion. Die meisten dieser Landwirte haben eine Ausbildung in Land-, Forst- oder Agroforstwirtschaft an der Universität oder in der Praxis absolviert.

Bei Food Forests fehlt oft die Integration von Wissen über nachhaltiges Wirtschaften. Nur wenige sind als nachhaltige Unternehmen mit soliden Geschäfts- und Finanzierungsplänen entwickelt worden, weil es an Erfahrung oder Interesse mangelt. Der Grund für das mangelnde Interesse liegt in der Besorgnis über die ausbeuterischen Geschäftspraktiken der konventionellen Unternehmen. Es besteht eine Lücke bei der Integration neuer Kenntnisse über Möglichkeiten der sozialen Finanzierung sowie über nachhaltige Geschäftspraktiken und -modelle, einschließlich genossenschaftlicher Geschäftsmodelle und Modelle für gemeinnützige Unternehmen. Die meisten Förster haben daher Schwierigkeiten, ihren Lebensunterhalt zu sichern, obwohl multifunktionale Food Forests zahlreiche marktfähige Produkte und Dienstleistungen bieten. Dieser Mangel an wirtschaftlicher Rentabilität behindert die Ausschöpfung des vollen Potenzials und die Förderung der Akzeptanz von Food Forests als nachhaltige Lösungen für das Ernährungssystem.

Erfolgsfaktoren und Umsetzungshindernisse

Seit Anfang der 2000er Jahre nimmt die Zahl der Food Forests weltweit stetig zu. Dennoch ist die Gesamtzahl immer noch so gering, dass diese als wirksame Lösung für ein nachhaltiges Lebensmittelsystem weitgehend ungenutzt bleiben. Dies ist zum Teil auf wirtschaftliche Hindernisse zurückzuführen: Food Forests erfordern die Überwindung von kurzfristiger Gewinnorientierung und die Einführung langfristiger und regenerativer, d.h. nachhaltiger Geschäftspraktiken und -modelle, die oft weniger bekannt sind und für die es keine Ausbildungsmöglichkeiten gibt.

Ausgehend von früheren Untersuchungen [1] sind die wichtigsten Erfolgsfaktoren für die Einführung von Food Forests der Erwerb von betriebswirtschaftlichem und bäuerlichem Fachwissen, die Beschaffung von ausreichendem Startkapital für Infrastruktur und Personal sowie die langfristige Sicherung von Landzugang.


Genereller Entwicklungspfad von Lebensmittelwäldern mit relevanten Erfolgsfaktoren (Albrecht & Wiek 2021b)

Um die mit diesen Meilensteinen verbundenen Hindernisse zu überwinden, sind neuartige Finanzierungs- und Landzugangsregelungen erforderlich, die die Gründung eines auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Food Forest-Unternehmertums unterstützen, welches darauf abzielt, Lebensmittel zu produzieren und gleichzeitig soziale und ökologische Dienstleistungen anzubieten. Solche Systeme sind z. B. Land Trusts, Genossenschaften oder Kohlenstoffvermarktungssysteme. Außerdem erfordert die langfristige Ausrichtung von Food Forests zielgerichtete wirtschaftliche Partnerschaften, die über lange Zeiträume hinweg bestehen. Alle diese Erfolgsfaktoren stehen in Wechselwirkung mit einem unterstützenden unternehmerischen Ökosystem und sind in gewissem Maße von diesem abhängig.

Dieser Leitfaden geht auf jeden dieser Erfolgsfaktoren ein, gibt einen Überblick und vertieft einige Aspekte, die in unseren Fallstudien aufgetreten sind.

Weiterlesen: Die Geschichte von Food Forests, Über uns


[1] Quellen:

Wiek, A., & Albrecht, S. (2022). “Almost there” – on the importance of a comprehensive entrepreneurial ecosystem for developing sustainable urban food forest enterprises. Urban Agriculture & Regional Food Systems., 7(1). https://doi.org/10.1002/uar2.20025

Albrecht, S., & Wiek, A. (2021a). Food Forests – Their Services and Sustainability. Journal of Agriculture, Food Systems and Community Development, 10(3), 91–105. https://doi.org/10.5304/jafscd.2021.103.014

Albrecht, S., & Wiek, A. (2021b). Implementing Sustainable Food Forests – Extracting Success Factors Through a Cross-Case Comparison // Implementing sustainable food forests: Extracting success factors through a cross-case comparison. Journal of Agriculture, Food Systems and Community Development(11 (1)), 183–200. https://doi.org/10.5304/jafscd.2021.111.019

Albrecht, S., Wiek, A., & Friedel, A. (2022). Transdisciplinary Partnerships for Developing Sustainable Food Forests. Leuphana Universität Lüneburg. Unveröffentlichtes Manuskript.